Schleuse Wolfsbruch – Streit um „ausländisches Wasser“
Quelle: Siegfried Schwanz – Chronik Kleinzerlang 1752 – 2002 erschienen bei der Edition Rieger
Wie Chronisten der Reichswasserbaudirektion vermerkten, wurden zwischen 1876 und 1878 der Große Prebelowsee mit dem Kleinen Pälitzsee durch einen ca. 2 km langen Kanal verbunden. Etwa in der Mitte des Hüttenkanals, dort wo die Dorfstraße als Brücke das bisher schmale Fließ überquerte, wurde die Schleuse Wolfbruch angelegt, um den Höhenunterschied zwischen mecklenburgischen und Rheinsberger Gewässern von durchschnittlich 60 cm auszugleichen.
Der „Dienst in der Schleuse Wolfsbruch und im Schleusenkanal wird durch den i.e.R. versetzen Kriewitz als Vertragsschleusenmeister wahrgenommen“ heißt es in einem Schreiben aus dem Jahre 1926 von Wasserbaudirektor Frentzen an die Potsdamer Landesregierung. Genau mit diesem Kriewitz gibt es die ersten Fotos von der Schleuse.
Was aber war der Grund für die recht umfangreichen, kostspieligen und personalaufwendigen Wasserbauten in einer so abgelegenen Gegend? Es war der wirtschaftliche Boom um die Wende vom 19. Zum 20. Jahrhundert, der mit einer konzentrierten Ansiedlung von moderner Industrie in den Städten auch die Baubranche rasch wachsen ließ. Bis dahin unvorstellbare Mengen an Bauholz, Kies oder Lehmziegeln wurden benötigt, ein billiger und effektiver Transportweg mußte her – die Wasserstraße.
Diesem wirtschaftlichen Aufschwung im damaligen Preußen hat die nordwestbrandenburgische Region das lückenlose Wasserverbundnetz zu verdanken, das heute weniger verkehrstechnische als vielmehr touristische Bedeutung besitzt. Nirgendwo sonst in Deutschland gibt es ein derart großflächig befahrbares Wasserstraßensystem.
Mit dem Bau von Kanal und Schleuse wurde jedoch ein langjähriger Streit zwischen den Grenzländern Preußen und Mecklenburg vom Zaun gebrochen. Mit dem Transport der Flöße und Lastkähne durch die Schleuse mußte mecklenburgisches Wasser von „oben“ nach Preußen „hinunter“ gelassen werden. So erhob Müller Rossow aus Dorf Strasen Einspruch, weil man ihm mit jeder Schleusung etwas von seinem mecklenburgischen Wasser nahm und angeblich seinen Mühlenbetrieb dadurch gefährdete.
Der Lehrer Merhout schrieb dazu 1938 im Heimatkalender:
„Das war starker Tobak für Preußen. Konnte man sich nachsagen lassen, die eigene Schleuse mit fremden Wasser zu betreiben? Da die beiden Regierungen sich nicht einig wurden, tüftelten die Preußen an einer Variante, die den Schleusenbetrieb ohne Wasser aus Mecklenburg ermöglichte. Und man fand die Lösung mit der sog. Archimedischen Schraube, die schon im Altertum Flusswasser auf die höher gelegenen Felder gedrückt hatte.
So grub man neben der Schleuse ein etwas höher gelegenes quadratisches Bassin, stampfte den Boden mit Lehm aus, um ihn wasserdicht zu machen und baute eine lange Schneckenspindel auf, die unterhalb der Schleuse in den Kanal reichte und – von einem Windspiel getrieben – das Bassin mit preußischem Wasser füllte (s. hist. Kartenblatt). Sobald ein Fahrzeug kam, ließ man das Wasser aus dem Bassin durch den Graben in die Schleuse laufen. Aber manchmal streikte der Windgott und die Schiffer mußten warten. Deshalb ersetzte man die Windturbine durch Lokomobile, die nun ständig unter Dampf gehalten werden mußte. So schleuste man preußisches Wasser, aber seine Beschaffung blieb aufwendig.
Der damalige Schleusenmeister Witte fand eine viel einfachere Lösung als Lokomobile und Spindel. Wenn ein Fahrzeug nahte, klemmte sich ganz zufällig ein armstarker Holzknüppel zwischen die Obertore, so dass die Schleuse von ganz allein vol l Wasser lief, das allerdings aus Mecklenburg stammte. Doch der mecklenburgische Landjäger konnte bei seinen Grenzkontrollen den verdächtigen Knüppel mehrere Male zwischen den Obertoren feststellen, und Müller Rossow wiederholte seine Anzeige“.
Glücklicherweise fand die preußische Regierung einen diplomatischen Ausweg. Mi dem Bach, der bei Wittstock aus der Dranser See bis zur Müritz fließt, kommt ständig preußisches Wasser nach Mecklenburg. Damit war der Ausgleich geschaffen, der Streit wurde nach 20 Jahren beigelegt!
Unser Kalender
Nächste Veranstaltungen:
Adventsbasteln
24. 11. 2024 - Uhr – Uhr
Dorfweihnacht für unsere Einwohner
30. 11. 2024 - Uhr
Weihnachtskonzert in unserer Dorfkirche
06. 12. 2024 - Uhr – Uhr